ROBERT ALEXANDER SCHUMANN Opus 115 Llibret

Manfred

Erste Abtheilung

Das Gebirge der Jungfrau. Nacht; gänzlich bedeckter Himmel.

Ouverture

MANFRED (allein)
Die Nacht kam wiederum, doch dauert
So lang’ sie schwerlich, als ich wache.
Mein Schlummer – wenn ich schlummre – ist nicht Schlaf,
Fortsetzung nur hartnäckigen Gedankens,
Dem ich nicht wiederstehen kann: mein Herz,
Das hält die Wacht, die Augen schliessen sich,
Nur um hinein zu schau’n, – und dennoch leb’ ich,
Bin an Gebehrde, an Gestalt ein Mensch.
So soll der Jammer sein des Weisen Führer;

Ein Gram ist Wissen, und den Weisen trifft
Am tiefsten die verhängnissvolle Wahrheit:
Nicht der Erkenntniss Baum ist der des Lebens.
Philosophie und Wissenschaft, der Wunder
Geheimsten Ursprung und des Weltalls Wissen
Hab’ ich erprobt; mein Geist hat die Gewalt,
Dass Alles dies er unterthan sich macht –
Doch frommt’ es nicht; ich habe Menschen Gutes
Erwiesen, ja empfangen selbst von Menschen –
Doch frommt’ es nicht.

Das Leben, Gutes, Böses,
Gewalt und Leidenschaft bei ändern Wesen,
Das war mir, wie dem Sande ist der Tropfen,
Seit jener namenlosen Stunde. Wohl
Fühl’ ich den Fluch, dass weder Furcht, noch Wunsch
Und Hoffnung bebt in meines Herzens Pulsschlag,
Noch Liebe je nach Irdischem sich sehnt. –
Jetzt an mein Werk! Geheimnissvolle Macht,
Und ihr, des grenzenlosen Weltalls Geister,
Ich rufe euch bei jener Zauberschrift,
Die euch mir unterthan macht, – auf! erscheint!

(Ein Stern wird, gleichsam auf einem Felsen angeheftet, sichtbar. Er bleibt unbeweglich).

No. 1 – Gesang der Geister

ERSTER GEIST
Dein Gebot zieht mich heraus
Aus dem hohen Wolkenhaus,
Das, erbaut von Dämmerluft,
Goldig glänzt im Abendduft;
Ob auch ruchlos dein Begehr,
Flog auf Sternenstrahl ich her,
Der Beschwörung unterthan, –
Sag’ mir deinen Wunsch nun an!

ZWEITER GEIST
In des Wassers blauer Tiefe,
Wo die Welle sich nicht bewegt,
Wo der Wind ist ein Fremdling,
Sich die Schlange der See nur regt,
Wo das Meerweib mit Muscheln
Das Haar sich schmückt,
Hat wie Sturm auf dem Wasser
Dein Bann mich durchzückt, –
Wohlan, dem Geist des Meeres
Sag’ an, was du gewollt! –

DRITTER GEIST
Wo die Wurzeln der Anden
Sich senken im Lauf,
Wie die Gipfel zum Himmel
Sich recken hinauf;
Den Geburtsort verliess ich,
Dein Spruch zog mich fort,
Dein Rufen bezwang mich,
Mein Herr ist dein Wort!

VIERTER GEIST
Der Sonnenball ist Heimath mir!
Warum mit Dunkel quälst mich hier?

DIE VIER GEISTER
Luft, Wasser, Erd’ und Feuer zeugen
Von unsrer Kraft; wir sind dein eigen
Und schauen gewàrtig deines Winkes auf dich, –
Was willst du von uns, Sohn des Staubes? sprich!

MANFRED
Ich will vergessen!

ERSTER GEIST
Wir können geben nur, was wir besitzen.
Verlange Knechte, Herrschaft, Macht
Der ganzen Erde, oder auch ein Zeichen,
Das alle Elemente unterwirft,
Die wir beherrschen. – Alles das ffi dein!

MANFRED
Vergessenheit, nur Selbst-Vergessenheit! –
Könnt ihr entringen nicht verborg’nen Reichen,
Freigebig dargebot’nen, was ich suche?

GEIST
Das stehet nicht in unsrer Macht noch Kunst;
Doch – stirb!

MANFRED
Werd’ ich’s erlangen durch den Tod?

GEIST
Wir sind unsterblich und vergessen nicht,
Sind ewig; Zukunft wie Vergangenheit
Sind gegenwärtig uns. –

MANFRED
So rief ich euch umsonst aus euren Reichen,
Ihr könnt nicht helfen oder wollt nicht.

GEIST
Noch warte: gern ja dieneten wir dir!
Denk’ nach, ob andre Gabe du nicht weisst,
Die irgend werthvoll deinen Augen war’.

MANFRED
Nein, keine: doch – harrt einen Augenblick –
ch will von Angesicht euch schau’n; ich hör’
Die Stimmen wohl, so süss und schwermuthsvoll
Wie über Wasser her Musik; ich seh’
Dort unbewegt den grossen hellen Stern,
Doch weiter nichts. Zeigt, wie ihr seid, euch mir,
All’ oder einer, in der eig’nen Form.

GEIST (erscheint in der Gestalt eines schönen Weibes)
Schau’ her!

No. 2 – Erscheinung eines Zauberbildes

MANFRED
O Gott, – ist’s so, wenn du nicht Wahnbild,
Verhöhnung du nicht bist, o dann würd’ ich
Doch noch der Seligste! – Umarmen will
Ich dich, und dann –
(Die Gestalt verschwindet).
Weh’, weh’ – mir bricht das Herz!
(Manfred fällt besinnungslos zu Boden)

No. 3 – Zauberbann

VIER GEISTERSTIMMEN
Wenn der Mond auf stiller Welle
Und im Gras der Glühwurm scheint,
Und der Flamm’ auf Grabesstelle
Sich des Sumpfes Irrlicht eint;
Schiesst der Stern in schnellem Fall,
Eule ruft im Widerhall,
Ruhen schweigend Busch’ und Matten
In des Hügels stillem Schatten:
Dann soll deine Seele mein
Durch Gewalt und Zauber sein.

EINE STIMME
Von deinen Thränen kocht’ ich Saft,
In ihm wohnt sich’re Todeskraft;
Aus deinem Herzen zapft’ ich Blut,
Aus schwarzen Quells tief-schwarzer Fluth;
Ich fing des Lächelns Schlange weg,
Die lauernd dort lag im Versteck;
Ich nahm der Lippen Reiz dir ab,
Der stärkste Giftkraft Allem gab;
Ich prüfte jedes Gift: allein
Ich fand, das giftigste war dein.

DREI STIMMEN
Die Schaale giess’ ich auf dich aus,
Sie weiht dein Haupt derr Zaubergraus;
Nicht der Schlummer, noch der Tod
Löse dich aus dieser Noth;
Ob der Tod erwünscht dir sei,
Fasse dich doch Todesscheu;
Sieh’, das Zauberwort umwand dich,
Kette, tonlos, nun umband dich;
Durchfuhr dir durch Herz und Sinn
Dieser Spruch – nun welke hin!
(Manfred erwacht aus seiner Ohnmacht. Die Morgendämmerung bricht an und beleuchtet die
höchsten Felsenspitzen)

MANFRED (allein)
Die Geister, die ich rief, verlassen mich –
Der Zauber, den ich lernte, höhnet mich –
Nicht stütz’ ich mehr mich auf der Geister Macht.
– Mutter Erde,
Und du, o frischer Tag, und ihr, ihr Berge,
Warum so schön? Nicht lieben kann ich euch.
Und du, o glänzend Auge du des Alls,
Das Alles aufthut, – du scheinst nicht in mein Herz.
Und ihr, ihr Felsen, deren höchste Zinne
Mich trägt, wo von des Bergstroms Rand hinab
Ich sah die hohen Tannen eingeschrumpft
Zu Zwerggestrüpp in Schwindeltiefe; wenn
Ein Sprung, ein Stoss, ein Hauch selbst meine Brust
An dieser Felsen harten Busen bettet,
Für immer dann zu ruh’n – was zög’re ich?
Ich fühl’ den Antrieb – und ich stürz’ mich nicht.
Und eine Macht ist über mir, die hält
Mein Leben, und macht dennoch mir’s zum Fluch.
(Man hört eine Hirtenscbalmei in der Ferne und später Heerdengeläute).

No. 4 – Alpenkruhreigen

Horch, der Ton!
Des Alpenrohrs natürliche Musik –
Denn hier ward nicht zu blosser Hirtendichtung
Die Patriarchenzeit – in freien Lüften
Vermählt dem Klinggeläute muntrer Heerden;
Die Töne trinkt mein Geisfr – O war’ ich doch
Solch’ sanften Klanges ungeseh’ner Geist,
Lebend’ge Stimme, athmende Harmonie,
Leiblose Wonne, – sterbend wie geboren
Im sel’gen Tone, der mich zeugte!
(Manfred ist wahrend der vorigen Worte immer höher gestiegen).

GEMSENJÄGER
(erscheint auf dem untern Felsen)
Hier
Entsprang die Gemse: angeführt hat mich
Ihr flinker FUSS; mein heutiger Gewinn
Lohnt kaum die Halsarbeit. – Doch was ist das?
Der scheint mir nicht vom Handwerk, und hat doch
Erreicht die Höhe, die sobald wohl keiner,
Die besten Jäger nur erklimmen.

MANFRED (den Ändern nicht bemerkend)
So zu sein –
Durch Gram ergraut, wie dort gebroch’ne Tannen,
Verfluchter Wurzel hingedorrter Stamm,
Der nur noch Saft giebt zum Gefühl des Sterbens –
Und so zu sein, nur ewig so zu sein,
Gewesen anders! – Ihr jähen Eisesklippcri,
Lawinen, die von einem Hauch gelöst,
Hinab sich stürzend, Berge überwält’gen,
Fallt über mich!

GEMSENJÄGER
Freund, vorgesehn,
Der nächste Tritt giebt Unglück! – Bei der Liebe
Des, der dich schuf, steh’ nicht auf jener Klippe!

MANFRED (hört ihn nicht)
Ja, jenes war für mich ein schicklich Grab,
In Tiefe läge ruhig mein Gebein:
Es würde nicht um Klippen hergeschleudert,
Des Windes Spiel – wie jetzt – wie jetzt geschieht –
Durch einen Sprung. – Leb’ wohl, du offner Himmel!
Sieh’ nicht so vorwurfsvoll auf mich herab –
Mir nicht bestimmt. – Nimm hin den Staub, o Erde!
(Wie Manfred im Begriff ist, vom Felsen hembzuspringen, fasst ihn der Gemsenjäger und hält ihn durch einen schnellen Griff zurück).

GEMSENJÄGER
Halt, Gottvergess’ner! – Bist du lebenssatt,
Das reine Thal doch nicht mit bösem Blute
Befleck’! – Hinweg mit mir – ich lass’ dich nicht!

MANFRED
Ich bin sehr krank am Herzen – fass’ mich nicht –
Ich bin ganz Schwäche – die Gebirge wirbeln
Und spinnen um mich Blindheit. – Wer bist du?

GEMSENJÄGER
Bald wirst du’s hören. – Jetzt mit mir hinweg –
Die Wolken drohen – hier – stütz’ dich auf mich –
Hierher den Fuss –
Hier nimm den Stock und halte
Dich an dem Strauch – nun gieb mir deine Hand.
Komm – brav –
Du solltest Jäger sein! – Jetzt folge mir!
(Indem sie mit Keschwerde die Felsen hinabsteigen, füllt der Vorhang).

Zweite Abtheilung

Scene vor der Hütte des Gemsenjägers in den Berner Alpen. Malerische Fernsicht, Wasserfall

No. 5 – Zwischenachtmusik

GEMSENJÄGER (zu Manfred, der Abschied von ihm zu nehmen im Begriffe ist)
Herr, besser sei gelaunt. Kost’ meinen Wein.
Er ist von alter Lese; auf den Gletschern
Hat er mir manchen Tag das Blut gethaut, –
Dasselbe thu’ er dir. – Komm, thu’ Bescheid!

MANFRED
Hinweg, hinweg! Am Rande klebt das Blut!
Wird es denn nie, nie in die Erde sinken?

GEMSENJÄGER
Was meinst du? Deine Sinne irren ab!

MANFRED
Blut ist’s – mein Blut, der reine warme Strom,
Der in den Adern meiner Väter rann,
In unsern auch, wie jung wir, eines Herzens,
Einander liebten in verbot’ner Liebe.
Vergossen ward’s: – und dennoch steigt es auf
Und färbt die Wolken, stösst mich aus dem Himmel,
Wo du nicht bist – und nimmer ich sein werde.

GEMSENJÄGER
Seltsame Worte! Irgend eine Sünde
Bevölkert dir im Wahnsinn leeren Raum.
Doch was auch sei dein Weh,
Zu tragen ist’s, umsonst ist wildes Toben.

MANFRED
Trag’ ich es nicht? – sieh’ mich – ich lebe noch.
Ich sag’ dir, Mensch, ich lebte viele Jahre,
Viel lange Jahr’, doch gegen die, so kommen,
Sind sie ein Nichts: Weltalter, Ewigkeit
In Raum und Zeit, und ein Bewusstsein
Mit grimm’gem Todesdurst – doch ungelöscht!

GEMSENJÄGER
Gott
Geh’ Ruhe dir und Reue, die dich sühnt,
Ich schliesse dich in mein Gebet.

MANFRED
Gebets
Bedarf ich nicht, doch dulde ich dein Mitleid;
Ich geh’ – Zeit ist’s – Leb’ wohl! Hier Gold und Dank –
Nicht rede – dir gebührt’s. – Nicht folge mir –
Ich kenne meinen Weg – er ist gefahrlos:
Noch einmal: folge nicht – ich will es so.
(Gemsenjäger geht ab. Manfred besteigt einen dem Wctsserfall nahegelegenen Vorsprung).

MANFRED (allein)
Noch ist es Morgen – noch wölbt Sonnenstrahl
Den Regenbogen in des Bergstroms Welle,
Und lässt die Wogensäule silbern schiessen
Hinab an jäher Klippen Ueberhang.
Und wirft weithin die Fäden seines Lichts.
Mein Äug’ allein trinkt dieser Anmuth Anblick;
Allein in dieser süssen Einsamkeit
TheiP ich mit dieses Grunds Gebieterin
Der schönen Wasser Preis. – Ich rufe sie.

(Manfred nimmt Wasser in seine hohle Hand und spritzt es in die Luft; während er die Beschwörungsformel murmelt.
Nach einer Pause steigt die Alpenfee unter dem Regenbogen des Wasserstromes auf).

No. 6 – Rufung der Alpenfee
Du schöner Geist mit deinem Haar aus Licht,
Mit deines Aug’s ruhmreichen Glanz, darin
Der Erdentöchter unvergänglichster
Reiz aufblüht in unirdischer Gestalt,
Im Wesen rein’ren Elements; –
Du schöner Geist, ich les’ auf deiner Stirn,
Dem klaren Spiegel stiller Seelenruh’,
Die in sich selbst Unsterblichkeit verkündet,
Dass einem Erdensohne Du verzeihst,
Dem dunklere Gewalten wohl verstattcn,
Mit ihnen zu verkehren – wenn er den
Gewinn zieht aus dem Zauber: dass auch dich
Er ruft zu eines Augenblicks Beschauung!

ALPENFEE
Du Erdensohn, was konntest du begehren,
Was in der Macht nicht steht der Mächtigsten,
Der Lenker des Verborg’nen?

MANFRED
Eine Gunst –
Doch weshalb wiederholen, da’s umsonst?

ALPENFEE
Ich weiss es nicht: so künde mir’s dein Mund!

MANFRED
Wohl denn – sei’s mir zur Qual, das ist ja gleich,
Werd’ laut mein Weh! Von früh’ster Jugend auf
Ging nicht mein Geist den Weg der Menschengeister,
Sah’ nicht die Erde mit der Menschen Blick;
Wonach sie dürsteten, war nicht mein Sehnen,
Wonach sie rangen nicht mein Lebensziel.
So versenkt’ ich mich
Einsamen Pfades in des Todes Tiefen,
Ergrübelnd seinen Grund in seiner Frucht,
Und aus Gebeinen, aus verwestem Staub
Zog ich die bannbelegten Schlüsse mir.
Und vieler Jahre Nächte weiht’ ich dann
Geheimer Wissenschaft, der Urzeit Erbe.
Doch mit dem Wissen
Wuchs Durst nach Wissen und die Macht und Freude
Der glänzend strahlenden Erkenntniss, bis –

ALPENFEE
Fahr’ fort!

MANFRED
Ach, darum nur liess ich die Rede
Im Rühmen eitler Kräfte sich ergeh’n,
Weil jetzt den Nerv des Schmerzes ich berühr’ –
Doch es gesehen’! – ich nannte dir noch nicht
Erzeuger oder Gattin, oder die
Verwandten Bluts der Menschheit Kette trugen;
Hatt’ ich sie auch: mir galten sie nicht so –
Doch eine war –

ALPENFEE
Vollende! Schon’ dich nicht!

MANFRED
Sie war mir gleich an Zügen – ihre Augen,
Ihr Haar, ihr Angesicht, ja selbst der Ton
Der Stimme, Alles machte sie mir gleich;
Doch Alles milder und verklärt in Schönheit.
Ich liebte und verdarb sie –

ALPENFEE
Deine Hand?

MANFRED
Nicht that’s die Hand, mein Herz zerbrach ihr Herz,
Es welkte, mich durchschauend. Wohl vergoss
Ich Blut, doch ihres nicht, und dennoch floss es –
Ich sah’s – nicht stillen könnt’ ich’s.

ALPENFEE
Und um sie –
Ein Wesen des Geschlechts, das du verachtest –
Giebst auf du unsres hohen Wissens Gaben,
Und schrumpfst zur feigen Sterblichkeit – hinweg!

MANFRED
Tochter der Luft, ich sage dir, seitdem –
Doch Worte sind nur Hauch – o sich’ mich an
Im Schlaf, und wache bei dem Wachenden!
Nicht einsam mehr ist meine Einsamkeit,
Die Furien erfüllen sie; – die Nacht
Harrt’ zähneknirschend ich des neuen Morgens,
Und habe dann verflucht mich bis zum Abend; –
Vergebens fleht’ ich um des Wahnsinns Segen.
Dem Tode trotz’ ich, doch es wich im Kampf
Der Elemente mir entsetzt die Woge,
Jeglich Verhängniss ging kraftlos vorüber –
Des unbarmherz’gen Dämons kalte Hand
Hielt mich an einem Haar, das unzerreissbar.

ALPENFEE
Vielleicht bring’ ich dir Rettung.

MANFRED
Dies zu thun
Weck’ Todte, oder lass’ mich ruh’n mit ihnen.

ALPENFEE
Hier ist die Grenze meiner Macht; doch wenn
Du schwörst Gehorsam meinem Willen und
Jedem Gebot, das hilft dir wohl an’s Ziel.

MANFRED
Ich schwöre nicht! – Gehorsam? Wem? den Geistern,
Die mein Gebot herzwingt? Soll ich der Skave
Der Sklaven sein, die ich berief? O nimmer!

ALPENFEE
Hast du kein mild’res Wort? Bedenk’ dich wohl!
Halt’ ein, eh’ du verwirfst.

MANFRED
Ich hab’s gesagt!

ALPENFEE
Nun wohl! – So darf ich gehen – sprich!

MANFRED
Hinweg –
(Die Alpenfee verschwindet)

MANFRED (allein)
Wir sind des Schreckens Narren und der Zeit:
Die Tage schleichen her und schleichen hin,
Mit Lebensekel furchten wir den Tod. –
– Ich finde Hülfe
In meiner Wissenschaft, – die Todten ruf ich
Und frage, was wir fürchten denn zu sein:
Die strengste Antwort ist doch nur das Grab.
Wenn ich nie lebte, lebte, was ich liebte,
Wenn ich nie liebte, lebte, was ich liebte,
In voller Schönheit noch, Glückseligkeit
Wie gebend so empfangend. Aber nun,
Was ist sie nun? in Qual für meine Sünde,
Etwas – zu denken, scheu’ ich’s – oder Nichts.
In wenig Stunden frag’ ich nicht umsonst –
In dieser Stunde furcht’ ich, was ich wage:
Bis diese Stunde scheute nie mein Blick
Die Geister, bös’ und gut’, – doch jetzt erbeb’ ich
Und fühl’ auf meiner Brust fremdkalten Thau;
Ich thu’, was ich verabscheu’: und befehde
Der Menschen Schrecknisse. – Es naht die Nacht.

Die Halle Arinmn’s. Arimun auf seinem Throne, einem Fenerballe, umgeben von den Geistern.

No. 7 – Hymnus der Geister Ariman’s

HYMNUS DER GEISTER
Heil unsrem Meister! Herrn der Erd’ und Luft!
Auf Wölk’ und Welle wandelnd, – seine Hand
Regiert die Elemente, die
In’s alte Nichts sein hoher Wille bannt!
Er athmet – Sturm zerwühlt der Wogen Tanz;
Er spricht – der Donner rollt aus Wolkenflammen;
Er blickt – der Sonnenstrahl flieht’seinen Glanz;
Er regt sich – bebend bricht die Welt zusammen!
Vulkane spriessen seinem Fusstritt auf;
Pest ist sein Schatten; durch der Himmel Gluth
Herolden die Kometen seinen Lauf:
Planeten brennt zur Asche seine Wuth.
Ihm opfert Krieg auf blutigem Altar;
Ihm zollt der Tod; das Leben ist ganz sein,
Bringt ihm endlose Todeskämpfe dar; –
Sein ist der Geist in einem jeden Sein!
(Die Parzen treten ein).

ERSTE PARZE
Heil sei dem Ariman! Auf Erden nimmt
Zu seine Macht – die beiden Schwestern thaten,
Wie er gebot, nicht lässig war auch ich.

ZWEITE PARZE
Heil Ariman! Wir, denen Menschen beugen
Die Nacken, stehn gebeugt vor seinem Thron.

DRITTE PARZE
Heil Ariman; Wir warten seines Winks.

EIN GEIST
Was zeigt sich hier? Ein Mensch?
Du frech geschickverfall’nes Jammerding,
Knie’ nieder, bete an!

ZWEITER GEIST
Ich kenn’ den Mann –
Ein Zauberer von grosser Macht und Kunst!

DRITTER GEIST
Knie’ nieder, Sklav’, bet’an! Wie? kennst du deinen
Und unsern Herrscher nicht? Beb’ und gehorch’!

No. 8 – Choeur

ALLE GEISTER
Wirf in den Staub dich, den verdammten Staub,
der Erde, oder Schlimmes furchte!

MANFRED
Ich kenn’s, und doch, ihr seht, ich kniee nicht.
Lasst ihn nur knie’n vor dem, was über ihm,
Allwaltender Unendlichkeit, dem Schöpfer,
Der nicht ihn schuf für Anbetung – er knie’,
Zusammen knie’n wir dann.

No. 9 – Choeur

DIE GEISTER
Zermalmt den Wurm,
Zertrümmert ihn in Stücken!

ERSTER PARZE
Haltet ein!
Fürst unsichtbarer Mächte, dieser Mann
Ist nicht gemeiner Art, wie seine Haltung
Und Gegenwart bezeugt; sein Leiden war
Unsterblicher Natur, dem unsren gleich.
Geistoffenbarung stellte hoch ihn über
Das Erdgeschlecht, und offenbarte nur
Dasselbe ihm, was wir erkundet: nicht
Sei die Erkenntniss Glück, die Wissenschaft
Nichtwissens Eintausch für Unwissenheit. –
Was willst du?

MANFRED
Nicht von dir erlang’ ich Antwort.
Die Todten ruf – die Frage ist für sie.

ERSTE PARZE
Sind dir genehm, o hoher Ariman,
Die Wünsche dieses Menschen?

ARIMAN
Ja.

ERSTE PARZE
Wen willst
Du schau’n?

MANFRED
Die ohne Grab blieb; ruf’ Astarte!

No. 10 – Beschwörung der Astarte

ERSTE PARZE
Schatten! – Geist! –
Was immer du sei’st,
Das noch mag verweilen
Im Ganzen, in Theilen
Angebor’ner Gestalt,
Des Gebildes aus Staub,
Das verfiel der Gewalt
Der Erde zum Raub –
Steig’, wie du gewesen,
Aus Grabesschooss,
Und Gesicht und Wesen
Vom Wurm kauf los.
Erschein’! – Erschein’! – Erschein’!
Der dich gesendet, harret dein!

(Das Schattenbild der Astarte steigt auf und steht in der Mitte)

MANFRED
Kann dies denn Tod sein? auf den Wangen Farbe –
Doch seh’ ich wohl, nicht ist’s lebendig Glüh’n,
Nur Fieberanflug, wie das falsche Roth,
Mit dem der Herbst die todten Blätter malt.
Es ist dieselbe! Gott, dass ich mich fürchte,
Dieselbe anzuschau’n! – Astarte! – Nein,
Ich kann nicht zu ihr reden – lasst sie reden –
Vergieb mir, oder fluche mir!

PARZE
Bei der Macht, die gebrochen
Dein Grab in den Tiefen,
Sprich zu dem, der gesprochen,
Oder uns, die dich riefen. –

ARIMAN
Gehorche diesem Scepter, Geist!

No. 11 – Manfred’s Ansprache an Astarte

MANFRED
O höre,
Hör’ mich, Astarte! O Geliebte, sprich!
So viel hab’ ich erduldet, dulde noch –
O sieh’ mich an! das Grab hat dich nicht mehr
Verwandelt, als ich dir erschein’. Du liebtest
Mich allzusehr, ich dich: wir konnten nicht
Einander so zerquälen, ob nun auch
Todsünde war die Liebe, die wir liebten.
O sag’, dass dir nicht graut vor mir – dass ich
Die Strafe für uns Beide trage – dass
Den Sel’gen du gehörst – und ich dem Tode;
Bisher hat Alles, was ich hasse, sich
Verschworen, an das Dasein mich zu binden –
Ein Dasein, dass mich die Unsterblichkeit
Anschaudert, solchen Seins Verewigung.
Ruhlos weiss nicht ich, was ich frag’ und will;
Was du bist und was ich bin, fühl’ ich nur,
Und hörte gern noch einmal, eh’ ich sterbe,
Die Stimme, die Musik mir war, – o sprich!
Gerufen hab’ ich dich in stiller Nacht,
Aus Busch und Schlummer auf die Vögel scheuchend,
Die Wölfe des Gebirgs erweckt’ ich, liess die Höhlen
Vergeblich deinen Namen widerhallen,
Sie gaben Antwort – Antwort gaben mir
So mancher Geist und Mensch – nur du schwiegst still.
O sprich zu mir! Die Sterne überwacht’ ich,
Gen Himmel starrend sucht’ ich dich vergeblich.
O sprich! Die Erde habe ich durchwandert
Und fand nie deines Gleichen. – Sprich zu mir!
Sieh’ rings die Feinde, wie sie mit mir fühlen.
Sie furcht’ ich nicht, und fühl’ für dich allein –
O sprich mit mir! sei’s auch im Zorn; nur rede,
Ich rechte nicht, wovon – wenn ich dich höre –
Noch einmal, nur noch einmal!

DAS SCHEINBILD DER ASTARTE
Manfred!

MANFRED
Sprich mehr, ich leb’ in deiner Stimme Ton!

ASTARTE
Manfred, dein irdisch Leid ist morgen hin!
Leb’ wohl!

MANFRED
Ein Wort noch! – Hast du mir verzieh’n?

ASTARTE
Leb’ wohl!

MANFRED
Seh’n wir uns wieder?

ASTARTE
Lebe wohl!

MANFRED
Ein Wort der Gnade, sprich, du liebst mich noch?

ASTARTE
Manfred!
(Astarte’s Geist verschwindet)

PARZE
Sie ging, kehrt keinem Rufe wieder;
Erfüllet wird ihr Wort. – Zurück zur Erde!
Hast du noch eine Frage
An unsrcn hohen Herrscher oder uns?

MANFRED
Nein!

PARZE
Dann, für eine kurze Zeit leb’ wohl!

MANFRED
So sehn wir uns! auf Erden? oder wo? –
Nun wie du willst: geh’ ich doch als ein Schuldner
Empfang’ner Wohlthat hin. So lebt denn wohl!
(Manfred ab)
(Der Vorhang fällt).

Dritte Abtheilung

Eine Halle in Manfred’s Schlosse

MANUEL
Ein Abend ganz wie heute; grade so
Hing an dem Eiger eine rothe Wolke. –
Graf Manfred war, wie jetzt, in diesen Thurm,
Wir wissen nicht womit beschäftig, doch
Mit ihm die einzige Gefährtin seiner
Nachtwachen und der Wanderungen, – sie,
Die er von allem Irdischen allein
Zu lieben schien, wie’s auch das Blut gebot.
Gräfin Astarte, seine – Aber still – er kommt.

MANFRED
Wie spät?

MANUEL
In einer Stunde sinkt die Sonne
Hinab. Es wird ein schöner Abend.

MANFRED
Sag’,
Ist Alles eingerichtet in der Burg,
Wie ich befahl?

MANUEL
Bereit ist Alles, Herr!
Hier ist der Schlüssel und das Kästchen.

MANFRED
Gut,
So magst du gehn.
(Manuelfleht ab).

No. 12 – Ein Friede kam auf mich

MANFRED (allein)
Ein Friede kam auf mich,
Unsäglich still, wie bis zu dieser Zeit
Nicht heimisch war im Leben, das ich kannte. –
Wenn ich nicht wüsste, dass Philosophie
Der eitlen Dinge bunteste Verwirrung,
Das leerste Wort, das je aus Schulgewäsch
Das Ohr bethörte: könnte wohl ich meinen,
Der Weisen Stein, das vielgesuchte Gut,
Sei meiner SeeldFund und Eigenthum.
Hält’s auch nicht aus, so hab’ ich’s doch erkannt:
Es goss ein neu Gefühl in die Gedanken,
Und in die Tafeln der Erinnerung
Möcht’ ein ich tragen dies Gefühl. –
(Der Abt tritt an)

ABT
Friede sei
Dem Grafen Manfred!

MANFRED
Frommer Vater, Dank!
Willkommen! Du bringst Ehre diesem Hause
Und Segen uns.

ABT
O wäre so es, Graf! –
Nun ohne Umschweif denn: – mein Alter, Amt,
Wie guter Absicht Eifer sei die Vollmacht;
Auch unsre Nachbarschaft, ob ungepflegt,
Sei mir ein Herold. Seltsame Gerüchte
Und von unheil’ger Art verbreiten sich,
Verflochten deinem Namen, einem Namen,
Geadelt durch Jahrhunderte: mag ihn,
Der ihn jetzt trägt, vererben unbefleckt!

MANFRED
Fahr’ fort. – Begierig hör’ ich.

ABT
Man erzählt,
Dass du zu thun hast mit verbot’nen Dingen,
Dass du verkehrst mit dunkler Tiefe Mächten
Und allen bösen Geistern, welche, feind
Dem Himmel, in dem Thal des Todes wandeln.

MANFRED
Wer hat dir solche Dinge hinterbracht?

ABT
Des Klosters fromme Brüder – die erschreckten
Landleute – selbst die Deinen seh’n auf dich
Mit einem Blick, der deinem Leben droht.

MANFRED
Nimm’s hin.

ABT
Zu retten, nicht zu tödten kam ich.

MANFRED
Ich höre dich. – Vernimm denn mein Antwort:
Wass immer ich gewesen oder bin,
Das richte Gott, – ich suche keinen Mittler
Mir unter Menschen. Fehlt’ ich gegen eure
Satzungen, nun beweiset denn und straft.

ABT
Mein Sohn, von strafe sprech’ ich nicht, allein
Von Reue und Vergebung. – Bei dir selbst
Steht dieser letzten Hülfe Wahl – und dann
Gab unsres Glaubens strenge Satzung mir
Die Macht, den Pfad zu bahnen von der Sünde
Zu hoher Hoffnung, seligen Gedanken.

MANFRED
Nein, alter Mann, kein Priester hat Gewalt
Und Zauber kein Gebet, – in keinerlei
Gestalt macht Büssung rein, Gebehrde, Fasten,
Nicht Todeskampf – was schwerer zu erdulden.
Des innern Weh’s tief eingebor’ne Qual,
Gewissensangst, die ohne Furcht vor Hölle
In eig’ner Vollgewalt doch jeden Himmel
Zur Hölle macht – auch das kann nimmer bannen
Aus fessellosem Geiste das Bewusstsein
Der eig’nen Sünde, Unthat, Pein und Rache,
Der selbstverhängten; keiner Zukunft Marter
Hält solch’ Gericht, als der sich selbst verdammt
Hält über seine Seele.
Mann, ich ehre
Dein Amt und deine Jahre; und dein frommes
Vorhaben schätz’ ich, doch es ist umsonst;
Halt’ nicht für rauh mich, wenn ich jetzt aus Schonung,
Für dich mehr als für mich, entsagen muss
Dem weiteren Gespräch, und so – leb’ wohl!

ABT (im Abgehen)
Der konnte wohl ein edles Wesen werden:
Er hat die Kraft, zu herrlichem Gebilde
Preiswürd’ge Elemente zu verbinden.
Auf’s Neu’ versuch’ ich’s, denn der Rettung werth
Sind Solche; für gedeihlich Ende wag’
Ich Alles, und behutsam folg’ ich ihm.
(Abt ab).

(Manuel tritt ein).

MANUEL
Zu Sonnenuntergang befahlt ihr mich:
Jetzt sinkt, o Herr, sie hinter das Gebirge.

No. 13 – Abschied von der Sonne

MANFRED
Dann will ich sie beschau’n.
(Geht an das Fenster des Saals).
Glorreiche Scheibe,
Du der Natur Idol in ihrer Jugend,
Des ungeschwächten kräftigen Geschlechts
Der Riesensöhne aus dem Ehebündniss
Der Engel mit der Erde schönern Töchtern,
Die die verführten Geister niederzogen
Für immer – o glorreiche Scheibe, du
Ein Gottesdienst, noch ehe deiner Schöpfung
Geheimniss kund ward, des Allmächt’gen erstes
Werkzeug, entzücktest auf den Bergeshöh’n
Die Hirten vor Chaldäa, bis sie sich
Versenkten in Gebet! Du Körpergott,
Des Unbekannten Stellvertreter, der
Zu seinem Abbild dich erkor! Du Urstern,
Du Weltenmittelpunkt, der unsre Erde
Bewohnbar macht, und waltet über Farben
Und Herzen derer, die sein Strahl bescheint!
Du Königin der Zeiten und der Zonen
Und ihrer Wesen! Alle tragen wir
Im eingebor’nen Geiste deine Färbung,
Wie äusserlich; du steigst herauf und scheinst,
Und sinkst hinab gleich ruhmreich. Lebe wohl!
Ich seh’ dich niemals wieder. Dir gehörte
Mein erster Blick der Lust und Liebe, nimm
Denn auch den letzten; nicht bestrahlst du gern
Den, dem des warmen Lebens Gabe ward
Verhängnissvoll. Sie sank: ich folge ihr!
(Manfred will gehen).

ABT
Noch einmal fleh’ ich, Herr, vergebt mein Nah’n,
Doch lasst demüth’gen Eifer nicht verletzen
Durch Ungestüm – und ist ein Unheil drin,
So komm’ es über mich: der Segen drin
Umstrah’l Eu’r Haupt, – o könnt’ ich sagen: Herz.

MANFRED
Gezählt sind meine Tage: meine Thaten
Gewogen; geh’! – Verweilen bringt Gefahr.

ABT
Du meinst mich doch nicht zu bedrohen?

MANFRED
Nein;
Ich sage dir nur, nahe ist Gefahr,
Und will dich warnen.

ABT
Was meinst du damit?

MANFRED
Blick’ her! – Was sieh’st du?

(Die Gestalt des bösen Genius steigt auf, zuerst undeutlich, dann immer schärfer hervortretend).

ABT
Nichts.

MANFRED
Blick’ nur hierher,
Und festen Blicks: – nun sag’ mir, was du siehst?

ABT
Was mich erschüttern soll, – doch furcht’ ich’s nicht.

MANFRED
Du hast nicht Grund – kein Leid fugt er dir zu –
Doch lahmt sein Anblick wohl die schwachen Glieder.
Ich sage dir: Entflieh’!

ABT
Und ich erwied’re:
Nicht eher, bis ich kämpfe mit dem Bösen.

MANFRED
Ich rief ihn nicht – und ungeladen kommt er.
Sag’ an, was ist die Sendung?

GEIST
Komm!

ABT
Wer bist du, unbekanntes Wesen? – sprich!

GEIST
Der Genius des Mannes hier. – Komm! ‘s ist Zeit.

MANFRED
Gefasst bin ich auf Alles, doch erkenn’
Nicht an ich die vorladende Gewalt.
Wer sandte dich?

GEIST
Bald weisst du’s – komm nur, komm!

MANFRED
Gewalten höherer Natur gebot ich
Und stritt mit deinem Herrn. Hinweg mit dir!

GEIST
Mensch, deine Stunde ist gekommen! – Fort!

MANFRED
Dass meine Stunde kommen, wuss’t ich, weiss ich,
Doch geb’ die Seele solchen nicht wie du:
Fort! Wie ich lebte, sterbe ich – allein!

GEIST
Dann ruf ich meine Brüder. – Steigt herauf!

(Andere Geister steigen auf).

MANFRED
Jch weise euch zurück – zurück, – obschon
In mir ich fühle meiner Seele Ebbe;
Ich weiche nicht, so lange noch ein Hauch
Auf euch Zorn aushaucht, und noch ird’sche Kraft
Den Kampf erlaubt, sei’s auch mit Geistern: was
Ihr von mir nehmt, sollt Glied für Glied ihr nehmen.
Wohl weiss ich, dass die letzte Stunde da,
Und feil’sche nicht mit ihr um den Moment;
Nicht kämpf ich gegen Tod, doch gegen dich
Und die Dämonen um dich; meine Macht
Erkaufte nicht Vertrag mit dem Gelichter;
Ich fusse auf der eig’nen Kraft – Und ich verweis’, –
Ich stachle – zürne euch aus meinen Augen! –

GEIST
Doch deine Sünden gaben dich
MANFRED
Was gehn
Sie euch an? werden Sünden durch die Sünden
Bestraft und gröss’re Sünden? – Fort zur Hölle!
Du hast nicht über mich Gewalt, das fühl’ ich;
Du wirst mich niemals haben, nie, das weiss ich;
Was ich gethan, gethan ist’s; innen trag’ ich
Die Qual, unmehrbar durch die deinige:
Der Geist, unsterblich, macht sich selbst verhaftet
Für die Gedanken böse oder gut; –
Er ist in Schmerz verschlungen oder Lust
Aus dem Bewusstsein seiner eig’nen Würde.
Du hast mich nicht versucht, nicht konntest du’s;
Nicht dein Bethörter bin ich, nicht dein Raub,
Mein eigener Zerstörer war ich; will es sein
In alle Zukunft. – Fort – geschlag’ne Feinde!
Der Tod legt seine Hand an mich – nicht ihr!

(Die Dämonen verschwinden).

No. 14 – Orchester

ABT
Weh’ – wie du bleich wirst! – weiss sind deine Lippen –
Es wogt die Brust – ein tiefes Röcheln tönt
Der Schlund. – Gebete sende auf zum Himmel.

No. 15 – Klostergesang

CHOR AUS DEM FERNEN KLOSTER
Requiem aeternam
Dona eis!

MANFRED
Vorüber ist’s, mein trüber Blick erkennt
Dich nicht, und Alles schwimmt um mich, es wogt
Die Erd’, als lag’ sie unter mir. Leb’ wohl, –
Gieb mir die Hand!

ABT
Kalt – bis zum Herzen kalt –
O bete noch – Weh’! fährst du so dahin? –

MANFRED
So schwer ist’s nicht zu sterben, alter Mann!

(Manfred stirbt).

ABT
Er ist dahin, sein Geist entfloh der Erde
Wohin? – nicht denk’ ich’s gern. – Er ist dahin!

CHOR AUS DER FERNE
Et lux perpetua
Luceat eis!

(Der Vorhang fällt).